50% Retourenquote: Wie Rücksendungen deutschen Onlineshops zusetzen

„Schrei vor Glück oder schick’s zurück“ hieß es noch vor kurzem in den Werbespots des Online-Versandhauses Zalando. Mittlerweile hat man den Zusatz über die Rücksendung aus dem Slogan gestrichen. Aus gutem Grund, denn auch ohne explizite Aufforderung nehmen mehr Kunden ihr Rückgaberecht in Anspruch als dem Onlinehändler lieb sein dürfte. Mindestens zwei Wochen lang können Kunden seit einer entsprechenden Gesetzesänderung im Jahr 2002 im Internet bestellte Waren in der Regel ohne Angabe von Gründen zurücksenden – ab einem Warenwert von 40 Euro sogar Versandkostenfrei. Und von diesem Recht machen besonders deutsche Internetkäufer durchaus häufig Gebrauch. So wird gerade in der Bekleidungsbranche hierzulande etwa jeder zweite im Internet bestellte Artikel wieder zurückgesendet. Damit ist die Rücksendequote in Deutschland viermal so hoch wie beispielsweise im Nachbarland Frankreich. Doch was für den Kunden bequem ist, ist für Onlineversandhäuser eine logistische und finanzielle Herausforderung.

Die Kosten von Retoursendungen

Nominell bieten Onlineshops zwar in der Regel kostenlose Rücksendung an, doch im Endeffekt zahlt der Kunde hierfür trotzdem immer einen Aufschlag. Bild: © WoGi - Fotolia.com

Für Onlinehändler kostet die Rücksendung eines Artikels durch den Kunden in der Regel zwischen 7 und 10 Euro. Nur etwa ein Drittel davon machen die Versandkosten aus, die restlichen zwei Drittel die Logistik. Ein zurückgesendeter Artikel muss erfasst, ausgepackt, auf Schäden überprüft, eventiell gereinigt, wieder verpackt und schließlich erneut eingelagert werden. Im großen Stil ist das nur mit ausgefeilten Logistiksystemen einigermaßen kostengünstig möglich. Längst wird bei größeren Versandhäusern fast die gesamte Lagerhaltung von Computern und Robotern übernommen, die für jede Ware den optimalen Platz im Lager bestimmen, sie automatisch einsortieren und bei Bedarf wiederfinden. Für kleinere Händler, die nicht auf solche hochtechnisierten Verfahren zurückgreifen können, sind die Kosten pro Rücksendung sogar noch höher – die Konkurrenzfähigkeit leidet darunter natürlich.

Die häufigen Rücksendungen schaden Händlern, Kunden und der Umwelt

Den Online-Händlern bleibt, wenn sie selbst profitabel bleiben möchten, nichts anderes übrig als die Retourkosten in Form von höheren Artikelpreisen wieder auf den Kunden abzuwälzen. So zahlt man als Kunde letztlich doch selbst für die Retour, nur eben nicht einzeln bei jeder Rücksendung, sondern kollektiv über den höheren Warenpreis. Bei einer Rücksendequote von 50% und etwa 8 Euro Kosten pro Rücksendung muss der Händler auf jeden Artikel durchschnittlich immerhin 4 Euro aufschlagen, nur um die Rücksendungskosten zu kompensieren. Das macht es Onlinehändlern andererseits natürlich schwer, preislich mit ihren Offline-Konkurrenten mithalten zu können, denn bei diesen sind Warenrückgaben bei weitem kein so großes Thema.
Auch vom umweltlichen Aspekt her sind die vielen Rücksendungen eine glatte Katastrophe. Erstaunlich, dass in Deutschland Umweltschutz eines der meistdiskutierten Themen in Politik und Gesellschaft ist, es aber dennoch so gut wie niemanden stört, dass ein paar Schuhe regelmäßig mehrmals quer durch Deutschland gefahren wird, bevor es seinen endgültigen neuen Besitzer erreicht. Und das obwohl dieser die selben Schuhe fast immer im Schuhladen um die Ecke zu einem mindestens genauso günstigen Preis hätte kaufen können.

Maßnahmen gegen die Rücksende-Flut

Eine grundlegende Verschärfung der Rückgabebestimmungen dürfte in Deutschland unabhängig von der Gesetzeslage nicht mehr möglich sein. Zu hoch ist der Konkurrenzdruck und der dadurch entstehende Wettbewerbsnachteil für Shops, die keine kostenlose Rücksendemöglichkeit anbieten. Jedoch gibt es andere Maßnahmen, um Rücksendequoten zu reduzieren. Die häufigsten Gründe für Rücksendungen bei Kleidung und Schuhen sind Nichtgefallen, falsche Größe und Beschädigungen der Ware. Genau hier können Onlineshops ansetzen: Ausführliche Produktbeschreibungen mit möglichst zahlreichen Abbildungen und bestenfalls sogar Videos, eine sorgfältige Qualitätskontrolle eingehender Ware und eine geeignete beschädigungssichere Verpackung können vielen Retouren vorbeugen. Sinnvoll ist es außerdem, die vom Kunden angegebenen Retour-Gründe im Onlineshop zu veröffentlichen. Haben beispielsweise bereits sehr viele Kunden ein Kleidungsstück zurückgesendet, da es zu klein war, so können künftige Kunden daraus ableiten, dass dieses vermutlich eher klein ausfällt und sie eher die größere Größe bestellen sollten.
Auch ein schneller Versand senkt die Rücksendequote. Bekleidungskäufe sind häufig Impulskäufe. Was ein Kunde heute bestellt, gefällt ihm zehn Tage später vielleicht schon nicht mehr – die Rücksendequote steigt daher mit zunehmender Lieferzeit.

2 Kommentare zu "50% Retourenquote: Wie Rücksendungen deutschen Onlineshops zusetzen"

  1. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass gerade im Bereich Frauenmode oft sogar noch mehr als die Häfte wieder zurückgesendet wird. Es werden oft 5 Artikel bestellt und 3 oder 4 kommen wieder zurück. Man kann dagegen durchaus Maßnahmen ergreifen. Einige unserer Mitbewerber sperren einfach Kunden, die viel zurückgesendet haben für zukünftige Bestellungen. Nur macht das Internet eben nicht nur das Shoppen einfach, sondern auch das Beschweren. Eine einzige Negativbewertung auf Bewertungsportalen oder auf einem Privatblog kann unter Umständen viele Kunden abschrecken. Daher verfolgen wir immer noch die Kunde-ist-König Richtlinie. Auch wenn das ziemlich auf die Gewinnmarge geht…

  2. Hallo Lena, sehr interessanter Artikel. Beruht Ihr Bericht auf persönliche Erfahrung oder haben Sie andere Quellen wie breit angelegte Studien herangezogen? Ein Hinweis hierzu wäre sehr nützlich, danke.

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