Unisex-Tarife: Wer profitiert und wer zahlt drauf?

Seit dem 21. Dezember ist es Versicherern laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht mehr gestattet, die Beitragshöhe für Versicherungen vom Geschlecht des Versicherungsnehmers abhängig zu machen. Viele hatten vor diesem Datum noch Krankenversicherungen, Risiko-Lebensversicherungen oder Berufsunfähigkeitsversicherungen abgeschlossen, denn sie fürchteten, in den neuen sogenannten „Unisex-Tarifen“ höhere Beiträge zahlen zu müssen.

Nun sind die Unisex-Tarife der Versicherer bekannt und sie erfüllen zumindest eine Erwartung: Insgesamt sind sie teurer geworden. Doch die neue Preisgestaltung hat nicht in jeglicher Hinsicht die Erwartungen von Marktbeobachtern und Analysten erfüllt.

Welche Entwicklungen wurden erwartet?

Seit kurzem dürfen Versicherer die Tarifgestaltung nicht mehr vom Geschlecht des Kunden abhängig machen. Doch bei den neuen Unisex-Tarifen zahlen sowohl Männer, als auch Frauen am Ende drauf. Bild: © Photo-K – Fotolia.com

Erwartet wurde zum einen – wie bereits erwähnt – eine generelle Verteuerung der Versicherungspolicen. Denn die Versicherer konnten zur Berechnung des neuen Tarifs nicht einfach den gewichteten Durchschnittswert aus den bisherigen Männer- und Frauentarifen verwenden. Da im Voraus nicht abzusehen ist, wie groß der Anteil an Männern und Frauen unter den Versicherten sein wird, stellt die Geschlechterquote im Unisex-Tarif für die Versicherungsgesellschaften ein zusätzliches Risiko dar, das in die Tarifgestaltung mit einkalkuliert werden muss und so zu höheren Beiträgen führt.

Im Einzelnen wurde erwartet, dass private Krankenversicherungen für Frauen günstiger werden, denn aufgrund der höheren Lebenserwartung verursachen diese im Durchschnitt höhere Krankenhauskosten und mussten so bislang deutlich mehr für eine private Krankenvollversicherung bezahlen als Männer. Für Männer hingegen sollte es durch die Angleichung dementsprechend teurer werden. Auch bei Berufsunfähigkeitsversicherungen war eine ähnliche Entwicklung erwartet worden.

Bei Risiko-Lebensversicherungen zahlten bislang Männer aufgrund des höheren Todesfallrisikos deutlich höhere Beiträge. Der Unterschied war hier besonders deutlich: Im Schnitt zahlte ein Mann über 40 Prozent mehr als eine gleichaltrige Frau.

Wie haben sich die Beiträge tatsächlich entwickelt?

Die tatsächliche Entwicklung der Versicherungspreise fiel je nach Art der Versicherung unterschiedlich aus. Am ungünstigsten für den Kunden sieht es laut Statistiken der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) bei den privaten Krankenvollversicherungen aus. Während bislang Männer für eine solche im Durchschnitt 493,49 Euro pro Monat und Frauen 582,54 Euro pro Monat bezahlten, liegen die Unisex-Tarife nun mit durchschnittlich 590,17 Euro sogar noch über den bisherigen Frauentarif.

Bei den Berufsunfähigkeitsversicherungen sieht es anders aus: Diese sind im Schnitt sogar für beide Geschlechter günstiger geworden: Für Männer um 2 Prozent, für Frauen um 13 Prozent.

Bei den Risiko-Lebensversicherungen zeigt sich eine erwartungsgemäße Entwicklung: Frauen wie Männer zahlen hier nun im Unisex-Tarif durchschnittlich 237,71 Euro, für Frauen bedeutet das eine Verteuerung um 25 Prozent, für Männer einen Nachlass um 14 Prozent.

Bewertung der neuen Tarifgestaltung

Zumindest kurzfristig dürften weder Männer, noch Frauen von der Umstellung auf die geschlechterunabhängigen Tarife profitieren, denn insgesamt sind die Beiträge signifikant angestiegen. Viele Marktbeobachter werfen den Versicherungen vor, die Beiträge über das nötige Maß hinaus erhöht zu haben, um die eigenen Gewinne zu vergrößern. Seitens der Versicherer hält man dagegen: Ein Zwang zur Angleichung der Tarife führe eben generell nicht zu mehr Gerechtigkeit.

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