Aufregung um Schufa-Pläne: Was die Auskunftei tatsächlich auf Facebook über uns herausfinden kann

Die Schufa zieht zur Bonitätsprüfung längst nicht mehr nur Daten über Zahlungsausfälle heran. Auch Facebook- und Xing-Profile oder Twitter-Nachrichten könnten bald darüber entscheiden, ob wir einen Kredit bekommen oder nicht. Bild: © DOC RABE Media - Fotolia.com

Große Aufregung geht durch die Medien seit einem Bericht des NDR über Pläne der Schufa, künftig auch Social Networks wie Facebook und Twitter zu nutzen, um die Bonität deutscher Bürger zu beurteilen. Doch wie „gefährlich“ sind die Pläne der Schufa wirklich? Sind sie überhaupt umsetzbar? Finanzwelt-News hat sich näher mit dem Thema auseinandergesetzt.

Welche Informationen zieht die Schufa bisher zur Beurteilung heran?

Die Schufa zieht zur Bonitätsprüfung längst nicht mehr nur Daten über Zahlungsausfälle heran. Auch Facebook- und Xing-Profile oder Twitter-Nachrichten könnten bald darüber entscheiden, ob wir einen Kredit bekommen oder nicht. Bild: © DOC RABE Media - Fotolia.com

Bereits an der Sinnhaftigkeit des bisherigen Ratingverfahrens der Schufa gibt es berechtigte Zweifel. Die Schufa bezieht ihre Daten zum einen von Vertragspartnern wie Banken, Mobilfunkanbietern und anderen Unternehmen, zum anderen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie etwa dem Schuldnerverzeichnis oder von Amtsgerichten. Bereits diese Form der Datenakquise ist äußerst umstritten. Die verwendeten Daten aus diesen Quellen sind zwar öffentlich jedem zugänglich, ob die Schufa sie jedoch systematisch sammeln und aggregieren darf ist strittig. Zusätzlich bezieht die Schufa auch Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnsituation in ihr Rating mit ein. Selbst wer noch nie eine Zahlung versäumt hat, kann so unter Umständen ein schlechtes Schufa-Ranking erhalten (Finanzwelt-News berichtete).
Aus den gesammelten Daten berechnet die Schufa einen Score zwischen 1 und 100. Je höher der Score einer Person ist, desto besser schätzt die Schufa deren Bonität ein. Die Bewertung erfolgt, indem die gesammelten Daten mit von der Schufa erhobenen Statistiken abgeglichen werden. Wer also in einer Nachbarschaft wohnt, in der es viele Zahlungsunfähigkeiten und Privatinsolvenzen gab, hat gute Chancen selbst ein eher schlechtes Schufa-Rating zu erhalten.

Welche Online-Daten kann die Schufa nutzen?

Besonders bei der jüngeren deutschen Bevölkerung dürfte es für die Schufa ein Leichtes sein, große Mengen an Daten über Einzelpersonen aus Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Xing zu gewinnen. Bei über 23 Millionen deutschen Facebook-Nutzern und über drei Millionen deutschen Twitterern ist die täglich anfallende Datenflut gar so groß, dass es für die Schufa unmöglich sein dürfte, alle Social Media Aktivitäten der Deutschen auszuwerten. Realistischer erscheint daher, dass die Auskunftei einfach ihr bisheriges Vorgehen auf die digitale Welt übertragen wird. Zusätzlich zu unserer tatsächlichen Nachbarschaft könnte das Unternehmen bald unsere „digitalen Nachbarn“, also unsere Freunde auf Facebook und Co., in unser Schufa-Ranking miteinbeziehen. Leider ist gerade das ein Bereich, auf den wir nur sehr begrenzt Einfluss nehmen können. Es dürfte kaum möglich oder gewünscht sein, als Facebook-Nutzer ständig seine Freunde zu überwachen und ggf. die Freundschaft zu beenden, wenn eine Person in eine „schlechte“ Wohngegend zieht oder etwa auf Facebook seine Arbeitslosigkeit kundgibt. Die einzige Möglichkeit, die Social Media Nutzern also bleibt, sind wie immer die Privatsfähreeinstellungen der Netzwerke. Hier gilt: Je weniger Information öffentlich zugänglich ist, desto besser. Auch das hilft jedoch nur so lange, wie Facebook und Co. unsere Daten nicht eigens an die Schufa weitergeben.

Ist die Nutzung von Online-Daten für die Schufa überhaupt sinnvoll?

Die Schufa hätte durch die neue Form der Datengewinnung deutlich mehr Informationen, mit denen sie ihre Algorithmen und Statistiken füttern könnte. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Einbeziehung der Online-Daten tatsächlich die Gegenauigkeit von Bonitätsprognosen verbessern würde. So ist es rein statistisch gesehen sicherlich so, dass Facebook-User, deren Freunde zu mehr als 50% arbeitslos sind, ein höheres Risiko haben, selbst in die Arbeitslosigkeit zu rutschen als solche, deren Onlineumfeld nur aus Ärzten, Richtern und erfolgreichen Unternehmern besteht. Eine Statistik hat jedoch nur Begrenzte Aussagekraft für den Einzelfall. So würden auf der anderen Seite sicherlich viele Social-Media-User unberechtigterweise in Misskredit geraten. Ob dies als „Kollateralschaden“ hinzunehmen und zu rechtfertigen ist, erscheint zumindest diskussionsbedürftig.

Twitter-Nutzer reagieren mit Ironie

Auf Twitter reagieren viele Benutzer mit Ironie auf die Pläne der Schufa. Mit übertriebenen Tweets will man hier deutlich machen, wie unsicher und manipulierbar die Bewertung anhand von Social-Media-Daten ist. So twittert etwa der Nutzer „alloshadow“: „Der Butler hat gekündigt, undankbares Pack. Und wer bringt jetzt die Windhunde zur Massage?“ während „froschkoenig84“ sich brüstet, bei Lokalisten Initiator des „Clubs-der-Millionäre“ zu sein. Bleibt zu hoffen, dass es nicht irgendwann tatsächlich so weit kommt, dass man beim Posten im Internet immer darauf achten muss, welchen Eindruck das Geschriebene im Hinblick auf die eigene Bonität machen könnte.

2 Kommentare zu "Aufregung um Schufa-Pläne: Was die Auskunftei tatsächlich auf Facebook über uns herausfinden kann"

  1. Ich fände es eine Frechheit, wenn die Schufa Facebook-Profile durchsuchen würde. Was passiert denn, wenn jemand einen gefälschten Account unter meinem Namen anlegt? Bekomme ich dann bald keinen Handyvertrag mehr, weil jemand anders sich in meinem Namen im Internet rumtreibt??

  2. Tja da haben sich die proteste im internet wohl tatsächlich mal ausgezahlt: Die pläne sind schon wieder vom tisch…

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