Schulden, Deflation und politische Konflikte setzen Japans Wirtschaft zu

Am gestrigen Montag wurden in Japan die Wachstumszahlen für das abgelaufene dritte Quartal 2012 veröffentlicht. Zwischen Juli und September ist das Bruttoinlandsprodukt Japans demnach um auf das Jahr gerechnet 3,5% zurückgegangen. Die Zahlen machen deutlich, dass Japan sich mittlerweile, ähnlich wie viele europäische Länder, in einer deutlichen Rezessionsphase befindet. Auch Wirtschaftsminister Seiji Maehara musste das inzwischen einräumen: Es sei „nicht ausgeschlossen“, dass sich Japans Wirtschaft in einer „rezessiven Phase“ befinde, so Maehara.

Die Meldung reiht sich in eine Serie von bereits mehreren schlechten Nachrichten für die japanische Wirtschaft in den letzten Wochen ein. Vor kurzen erst hatte die japanische Automobilindustrie im wichtigen chinesischen Markt Absatzrückgänge verkündet. Als Grund wurden die politischen Auseinandersetzungen der beiden Länder um eine Inselgruppe im ostchinesischen Meer genannt.

Der japanische Yen befindet sich seit Jahrzehnten im Aufwärtstrend. Für die japanische Wirtschaft ist das ein ernstes Problem. Bild: © tang90246 – Fotolia.com

Noch weitaus größere Probleme für Japan resultieren jedoch aus der hohen Staatsverschuldung und einem anhaltenden Deflationstrend. Bis Ende des Jahres soll der Schuldenberg in der japanischen Staatskasse nach aktuellen Schätzungen auf 235 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anwachsen. Selbst das europäische Sorgenkind Griechenland kommt nur auf eine Staatsverschuldung von etwa 150 Prozent seiner Wirtschaftsleistung.

Ähnlich wie die EZB in Europa versucht auch die Japanische Notenbank bereits seit einigen Jahren, die Situation durch Staatsanleihenkäufe zu beruhigen. Sicherlich auch mit dem Ziel, eine höhere Inflationsrate herbeizuführen. Doch bislang kann von Inflation in Japan überhaupt keine Rede sein – und das bereits seit vielen Jahren. Japan kämpft bereits seit etwa drei Jahrzehnten gegen einen stetigen Deflationstrend. Der Yen steigt immer weiter im Wert und mit ihm steigt der Wert des ohnehin gigantischen Schuldenberges.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. So ist Japan beispielsweise in Hinblick auf die Demographie den Europäischen Ländern bereits voraus: Die „Überalterung“ der Bevölkerung ist in Japan bereits ein größeres Problem als bei uns, bereits mehr als ein Fünftel der Japaner sind 65 Jahre alt oder älter. Dementsprechend gering fallen die Rentenleistungen aus und damit auch die Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung. Dennoch steigt die Produktivität weiter an, sodass sich ein wachsendes Angebot bei sinkender Nachfrage ergibt. Nach den grundlegenden Gesetzen der Volkswirtschaft folgen daraus niedrigere Preise, also eine Deflation.

Gleichzeitig investieren weltweit Anleger stark in den japansichen Yen, um von der Aufwertung zu profitieren und erzeugen so eine sehr starke Nachfrage nach der japansichen Währung auf den Devisenmärkten. Dies treibt wiederum den Kurs der Währung noch weiter nach oben, man spricht von einer „Deflationsspirale“.

Längst ist die Bekämpfung der Deflation zum größten wirtschaftspolitischen Ziel der japanischen Regierung erklärt worden. Doch auch bei uns ist eine ähnliche Entwicklung nicht auszuschließen. Der demographische Wandel und starke Sparprogramme könnten auch in europäischen Ländern ähnliche Entwicklungen auslösen wie in Japan, befürchten Experten wie beispielsweise der Volkswirtschaftler Paul Krugman, der 2008 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt.

Diese Befürchtungen stehen im Gegensatz zur Meinung vieler anderer Wirtschaftsexperten, die aufgrund der derzeitigen EZB-Politik eher von einer starken Inflation in den nächsten Jahren ausgehen. Wie sich der Wert des Euros mittel- bis langfristig tatsächlich entwickeln wird, wird wohl weiter Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Spekulationen bleiben.

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