Wie funktionieren eigentlich „Optionsscheine“?

Wer sich regelmäßig über die Kursverläufe an den Wertpapierbörsen informiert, kennt sie: Die Kurslisten verschiedenster Optionsscheine, die an den Börsen ebenso gehandelt werden wie klassische Aktien. Doch worum handelt es sich eigentlich bei solch einem Optionsschein?

Optionsscheine – oft auch im englischen als Warrant bezeichnet – verbriefen ihrem Besitzer ein bestimmtes Recht. Dabei bezieht sich dieses Recht auf einen festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft. Es kann den Kauf oder den Verkauf eines ebenfalls festgelegten Wertpapiers umfassen. Bei den festgelegten Papieren handelt es sich häufig um Aktien. Aber beispielsweise auch Indices oder Rohstoffe können als sogenannter Basiswert dienen. Abhängig von der zukünftigen Entwicklung des zugrunde gelegten Wertes, können für den Besitzer des Optionsscheines Gewinne oder auch Verluste entstehen. Wie bei Aktien auch, kann es im Rahmen einer solchen Anlage bis hin zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen. In diesem Zusammenhang ist dieses Risiko jedoch deutlich höher einzuschätzen als bei Aktienanlagen – zumindest in aller Regel.

Wer in Optionsscheine investiert, geht demnach vergleichsweise hohe Risiken ein. Es handelt sich dabei zweifellos um Anlageprodukte für sehr erfahrene uns eher spekulativ eingestellte Anleger.

Die Funktionsweise von Optionsscheinen

Optionsscheine können einerseits als spekulative Anlageform eingesetzt werden, andererseits aber auch zum Glattstellen bereits getätigter sonstiger Finanzgeschäfte dienen. Bild: © Eisenhans – Fotolia.com

Wer sich neu mit dem Thema Optionsscheinen auseinandersetzt, stolpert immer wieder über verschiedene Fachbegriffe. Hier soll kurz auf die wichtigsten Begrifflichkeiten eingegangen werden, welche zum Verständnis des Funktionsprinzips dieser Anlageform nötig sind.

Wichtig ist es zunächst, zu wissen, dass es verschiedene Arten von Optionsscheinen gibt – Call-Scheine und Put-Scheine. Call-Optionsscheine berechtigen zum späteren Kauf eines Wertpapiers zu einem festgelegten Zeitpunkt. Put-Optionsscheine ermöglichen hingegen die spätere Veräußerung des Basiswertes.

Aus diesem Sachverhalt können Gewinne oder Verluste resultieren. Der Besitzer eines Call-Scheines erwirtschaftet Gewinne, wenn der Basiswert – also zum Beispiel die festgelegte Aktie – nach dem Erwerb seines Scheines steigen sollte. Denn kann er das entsprechende Papier später günstiger erwerben, als es am Markt gehandelt wird, entsteht die daraus resultierende Differenz als Gewinn. Der Besitzer eines Put-Optionsscheins profitiert hingegen von fallenden Kursen. Ein später zum Zielzeitpunkt niedrigerer Kurs des Basiswertes bedeutet einen Gewinn, sofern der Kurs unter dem im Rahmen des Optionsgeschäftes vereinbarten Level liegt.

In der Praxis werden Gewinne im Regelfall im Rahmen eines sogenannten Barausgleichs gezahlt. Das heißt, der Anleger bekommt seinen Gewinn direkt ausgezahlt. Er ist nicht verpflichtet, die entsprechenden Wertpapiere tatsächlich zu erwerben bzw. zu veräußern.

Ein (vereinfachtes) Beispiel soll die Funktionsweise von Optionsscheinen nochmals verdeutlichen:

1. Ein Anleger kauft 1000 Call-Optionsschein, welche ihn berechtigen, in genau 12 Monaten Allianz-Aktien zum Preis von 120 Euro je Aktie („Basispreis“) zu erwerben. Eine Aktie der Allianz AG kostet derzeit 95 Euro. Der Preis eines Optionsscheins – die sogenannte Optionsprämie – liegt bei 1,25 Euro. Nach 12 Monaten liegt der Preis einer Allianz-Aktie allerdings bei 130 Euro, was für den Anleger zum Gewinn führt. Dieser errechnet sich wie folgt:

Zunächst berechnen wir die Optionsprämie, die für den Anleger praktisch die Gebühr seiner „Wette“ darstellt. Sie stellt zugleich den maximal möglichen Verlust eines Optionsgeschäftes dar.

Optionsprämie = Preis eines Optionsscheines x Stückzahl = 1,25 Euro x 1000 = 1250 Euro

Hinweis: Im Beispiel unterstellen wir ein Bezugsverhältnis von 1. Das heißt, dass rechnerisch genau ein Optionsschein genügt, um später eine Aktie beziehen zu können. In der Praxis liegt das Bezugsverhältnis oftmals bei 0,1, sodass in diesen Fällen 10 Scheine zum Bezug einer Aktie nötig wären. Bei Berechnungen muss das Bezugsverhältnis entsprechend berücksichtigt werden.

Nach Ermittlung der Optionsprämie ist es möglich, den Gewinn des Optionsgeschäftes zu bestimmen.

P1 = Kurs des Basiswertes zum Fälligkeitstermin
P2 = Vereinbarter Basispreis
OP = Optionsprämie

Gewinn = (P2-P1) * Stückzahl Scheine – OP = (130 Euro – 120 Euro) x 1000 Stk. – 1250 Euro = 8750 Euro

Im Beispiel hätte der Anleger einen Gewinn in Höhe von 8750 Euro erzielt, der in Form eines Barausgleichs ausgezahlt wird.

Der preisliche Aufbau der Optionsprämie

Die Höhe der beim Optionsscheinhandel zu zahlenden Optionsprämie kommt nicht von ungefähr. So setzt sich der Optionspreis aus dem sogenannten „inneren Wert“ und dem „Zeitwert“ zusammen. Der innere Wert entspricht dabei dem tatsächlichen rechnerischen Wert des Scheins. Er ist gleich null, wenn der Kurs des Basiswertes aktuell über dem Basispreis des Optionsscheins liegt. Andernfalls errechnet er sich so:

Innerer Wert = (aktueller Kurs des Basiswertes – Basispreis) x Bezugsverhältnis

Im oben angeführten Beispiel wäre der innere Wert eines Optionsscheines gleich null, da der Wert einer Allianzaktie zum Kaufzeitpunkt des Optionsscheines bei 95 Euro und der Basispreis des Optionsscheines bei 120 Euro liegen. In der Annahme, dass der Kurs der Allianz-Aktie zum Kauftermin des Scheines bei 125 Euro statt bei 95 Euro liegt, ist jedoch ein innerer Wert vorhanden. Dieser würde dann bei 5 Euro liegen und die Optionsprämie folglich entsprechend erhöhen.

Der zweite Bestandteil der Optionsprämie ist der Zeitwert des Scheins. Der Zeitwert entsteht durch das Potenzial des Scheins, zukünftige Wertsteigerungen zu erzielen. Das heißt, der Zeitwert steigt mit der Wahrscheinlichkeit, dass der Kurs des Basiswertes sich zukünftig so bewegt, wie es sich der Inhaber des entsprechenden Optionsscheines wünscht. Je mehr Zeit noch bis zu Fälligkeit des Optionsscheines vorhanden ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Steigerung des Kurses bzw. eines Kursverfalls.

Anwendungsgebiete für Optionsscheine in der Praxis

Optionsscheine werden aufgrund ihrer Eigenschaften in der Praxis häufig zu Zwecken der Spekulation genutzt. Unter anderem deshalb, weil sich damit auch mit fallenden Aktienkursen Geld verdienen lässt. Im Rahmen einer Aktieninvestition wäre dies nicht möglich. Zudem werden die Kursänderungen des Basiswertes bei Optionsanlagen meist verstärkt. Steigt beispielsweise eine für einen Optionsschein zugrunde gelegte Aktie, dann ist die daraus folgende Aufwärtsbewegung des dazugehörigen Call-Optionsscheines deutlich größer. Im Fall eines Kursverfalls der Aktie wäre dies entsprechend umgekehrt. Diese Bewegungsverstärkung unterstreicht den spekulativen Charakter einer Geldanlage in Optionsscheine.

Doch es kann auch rationale und durchaus nicht spekulative Gründe für eine solche Anlage geben. Besitzt ein Anleger beispielsweise Aktien einer bestimmten Gesellschaft, setzt er sich damit naturgemäß mehr oder weniger hohen Kursrisiken aus. Erwirbt dieser Anleger dazu auf die Aktiengesellschaft „passende“ Put-Optionsscheine, dann kann er sich gegen die finanziellen Folgen eines möglichen Kursverfalls absichern. Denn kommt es zum Kursrutsch verlieren zwar seine Aktien an Wert. Die erworbenen Put-Optionsscheine würden im Kurs jedoch deutlich steigen und somit die Verluste der Aktien (teilweise) ausgleichen. Sollte es zu keinem Kursverfall der Aktien kommen, wäre lediglich die Optionsprämie vergeblich investiert. Ein solcher Optionsschein ist in dieser Verwendung praktisch als „Versicherung“ gegen fallende Aktienkurse zu sehen.

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