Verluste bei Geldanlagen: Wann haftet der Anlageberater?

Viele Anleger sind derzeit aufgrund der momentanen finanzpolitischen Situation in Europa stark verunsichert. Viele wissen nicht, wie sie ihr hart erarbeitetes Vermögen am besten sicher und dennoch möglichst gewinnbringend anlegen können. Kein Wunder, denn zur Zeit ist es nicht leicht, Anlageentscheidungen zu treffen. Angesichts niedriger Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt ist es meist kaum noch möglich, sichere und zugleich renditestarke Anlagewege zu finden. Mehr denn je nutzen Anleger deshalb die Möglichkeit einer Anlageberatung – gespannt auf die in diesem Rahmen getätigten Empfehlungen. Für viele Kunden bildet dabei das Vertrauen zum Kreditinstitut bzw. zum Berater die Grundlage dieser Beratung.

Bevor man als Privatanleger Anlageentscheidungen trifft, kann eine Beratung durchaus sinnvoll sein. Für den Anlageberater besteht dabei eine strenge Dokumentationspflicht, um Missverständnisse oder gar Falschberatungen von vorne herein zu verhindern. Bild: © Robert Kneschke – Fotolia.com

Doch was passiert, wenn ein Kunde später der Meinung sein sollte, falsch beraten worden zu sein? Ab wann liegt eine Falschberatung vor, für die der Berater haftet? Wie beschrieben, ist es auch für Berater häufig nicht ganz einfach, perfekt passende Empfehlungen zu geben – nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Zinslage. So kommt es in der Praxis immer häufiger vor, dass Kunden Kompromissbereitschaft zeigen müssen, wenn sie wenigstens halbwegs attraktive Renditen erzielen möchten. Ein solcher Kompromiss kann zum Beispiel in einer längeren Anlagelaufzeit oder auch in Anlagerisiken liegen. Allein dieser Umstand birgt die Gefahr, dass es zu Geldanlagegeschäften kommt, mit denen ein Kunde letztlich unzufrieden ist. In erster Linie ist dies häufig dann der Fall, wenn ihm finanzielle Verluste entstanden sind, auf die er gedanklich nicht (ausreichend) eingestellt war.

Doch auch die Tatsache, dass viele marktübliche Finanzprodukte in ihrer Funktionsweise relativ kompliziert und für Laien oft nur schwer verständlich sind, kann zur Unzufriedenheit von Kunden führen. Denn sind diesen beispielsweise die Bedingungen einer Wertpapieranlage später nicht mehr geläufig, treffen eventuell auftretende Verluste die Kunden meist hart und unerwartet.

Wann genau eine Falschberatung vorliegt, ist in der Praxis deshalb oftmals gar nicht so einfach festzulegen. Aus diesem Grunde legt sich die BaFin – Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – auf keine pauschale Definition bezüglich des Begriffs „Falschberatung“ fest. Vor allem im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften weist sie vielmehr darauf hin, dass jeder Fall einer vermeintlichen Falschberatung separat und individuell betrachtet werden muss. Entscheidend sei jedoch immer, ob die vom Berater gegebenen Ratschläge vor der eigentlichen Anlage als sachgerecht anzusehen sind. Wenn sich erst im Nachhinein ergibt, dass ein Ratschlag bzw. mehrere Empfehlungen nicht empfehlenswert oder anders besser gewesen wären, kann nicht von einer Falschberatung ausgegangen werden.

Doch was genau sagt diese Definition nun für die Praxis aus? Angesichts der Stellungnahme der BaFin kann zusammenfassend festgehalten werden, dass eine Falschberatung mit Sicherheit immer dann vorliegt, wenn ein Berater Produkte empfohlen hat, die wissentlich nicht zu seinem Kunden passen. Gründe dafür können beispielsweise in einer für solche Anlageprodukte erhöhte Vermittlungsprovision für den Verkäufer liegen. Passt die Risikoneigung des Kunden nicht mit den Eigenschaften der empfohlenen Anlagemöglichkeit überein, liegt wohl eine Falschberatung vor. Für dessen Folgen haftet dann grundsätzlich der Anlageberater bzw. dessen Arbeitgeber. Auch dann, wenn im Rahmen der Beratung beispielsweise Kosten verschwiegen worden sind, haben Kunden gute Chancen auf eine entsprechende Entschädigung. Denn zur Mitteilung aller eventuell anfallenden Gebühren sind Berater immer verpflichtet.

Das Beratungsprotokoll – Schutz für Bank und Kunde!

Um möglichst faire und vollständige Beratungen durchzusetzen, wurden Berater bereits vor geraumer Zeit verpflichtet, im Rahmen von Wertpapiergeschäften für jeden ihrer Kunden einen sogenannten Anlageberatungsbogen zu erstellen. Dieser enthält alle für die Anlage relevanten Informationen, die den Kunden selbst betreffen. So sind darin beispielsweise die Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers in bestimmten Bereichen der Wertpapieranlage festgehalten. Aber auch die finanziellen Verhältnisse und die Risikoneigung des Anlegers sind im Anlageberatungsbogen zu finden. Der Bogen sollte immer als eine der Grundlagen für eine vorschriftsmäßig erfolgte Wertpapierempfehlung dienen.

Seit der Finanzkrise wurden die Regelungen zur Dokumentation im Rahmen einer Wertpapierberatung verschärft. So sind Berater nun verpflichtet, praktisch den gesamten Inhalt eines Gespräches für Außenstehende nachvollziehbar zu dokumentieren. Um dies zu gewährleisten, wird ein Beratungsprotokoll erstellt, das in der Regel seinerseits wiederum alle Angaben des Anlageberatungsbogens enthält. Zusätzlich dazu hält der Berater jedoch auch die Anlageziele des Kunden und seine dementsprechende Empfehlung fest. Auch zusätzlich ausgehändigte Unterlagen werden schließlich im Beratungsprotokoll vermerkt. Die Protokollierung muss grundsätzlich immer vor einer eventuell getätigten Geldanlage erfolgen. Auch wenn sich der Kunde letztlich nicht für die Empfehlung des Beraters entscheidet, besteht die Verpflichtung zur Protokollerstellung. In diesem Zusammenhang wird auch der Ausgang dieses Gespräches entsprechend festgehalten. Nach einer Anlageberatung mit Protokollierung wird das Protokoll in zwei Ausfertigungen von Berater und Kunde unterzeichnet. Sowohl Berater als auch Kunde erhalten jeweils ein identisches Exemplar.

Wie beschrieben soll das Anlageberatungsprotokoll den Inhalt einer Wertpapierberatung wiedergeben. Zu diesem Zweck wird es in der Praxis meist so aufgebaut, dass zunächst das genaue Anliegen des Kunden festgehalten wird. Dies umfasst beispielsweise den gewünschten Anlagebetrag, den Anlagezeitraum und auch die Risikoneigung des Anlegers bezüglich des zugrunde liegenden Geschäftes. Diese kann grundsätzlich von der generellen Risikoneigung, die bereits im Anlageberatungsbogen dokumentiert wird, abweichen. Anschließend dokumentiert der Berater seine Empfehlung. In diesem Zusammenhang muss er begründen, weshalb er der Meinung ist, dass sein Ratschlag zum Anliegen des Kunden passt. Die getätigte Empfehlung sollte immer die dokumentierten Wünsche des Kunden berücksichtigen.

Angesichts zunehmender Verpflichtungen und damit zusammenhängender Bürokratie mag die Pflicht zur Anfertigung von Beratungsprotokollen in der Praxis sowohl Beratern als auch Kunden als ein lästiger Zusatzaufwand erscheinen. Und in der Tat ist der dadurch entstandene Mehraufwand nicht unerheblich – allein schon zeitlich gesehen. Doch sowohl für Kunden als auch Berater bildet das Beratungsprotokoll eine wertvolle Absicherung. Kommt es später zu Unklarheiten bezüglich der erfolgten Beratung, ist das Beratungsprotokoll durchaus in der Lage, die wesentlichen Züge des Beratungsinhaltes widerzuspiegeln. Das schützt Kunden effektiv vor Falschberatungen. Aus Sicht eines Beraters werden beispielsweise Hinweise auf Produkteigenschaften und Kosten festgehalten, was diesen wiederum gegebenenfalls vor falschen Anschuldigungen schützt.

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